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Eine Saison mit Fortschritten und Pech

Nach einem sehr erfolgreichen Jahr 2021 war mein Ziel im 2022 noch näher an die Weltspitze kommen. Die Wald-Europameisterschaften, mein Saisonziel, fanden Anfangs August statt. Im Oktober folgte als Abschluss das Weltcup-Finale in Davos, ein weiteres Highlight. Mit den folgenden Zeilen bekommt ihr einen kleinen Rückblick in mein Jahr 2022.

 

Der Start ins Wintertraining verlief etwas harzig. Meine Achillessehne hat sich zu Beginn des Trainings entzündet. Von Chur aus hatte ich dank der Nähe zu den Bergen mit Langlauf eine gute Alternative. Lange war ich kein begeisterter Langläufer, machte es mehr als Ausgleich. Doch je mehr Kilometer meine Beine auf den Skiern standen, desto mehr Freude bekam ich. Viele Intervall-Einheiten von Valbella auf die Parpaner Höhe oder von Oberwald zur Rhonequelle legten die Basis für den Frühling.

Mit dem Umzug nach Spreitenbach zu meiner Freundin wechselte sich mein Umfeld. Das Training im Nationalen Leistungszentrum sollte ein weiterer Schritt in Richtung Professionalisierung sein. Ende Februar gelang mir langsam der Umstieg ins «normale» Training. In der Winterwärme der Türkei sammelte ich mit dem Nationalkader fleissig die ersten Posten. Meine Leistung war eine positive Überraschung, die Langlaufstunden schienen meiner Schnelligkeit besser als erwartet zu helfen. Im jährlichen Laufband-Stufentest kurz danach wurde dies auch noch unter Laborbedingungen bestätigt, was mich motivierte.

Noch in winterlichen Bedingungen startete ich anfangs April am 10km-Birslauf. Mit einer Zeit von 32:51min stellte ich eine tolle neue Bestzeit auf. Im Trainingslager in Dänemark über Ostern bereiteten wir uns mit dem Nationalkader für die Frühlingssaison und die WM vor. Mit einer Qualifikation für den Final im Knock-Out-Training konnte ich meine gute Form unter Beweis stellen.

Die Selektionsläufe für den Weltcup in Schweden waren dann leider eine Enttäuschung. Mental glaubte ich zu wenig an meine Sprint-Fähigkeiten und musste am ersten Tag einige schlechte Leistungen einstecken. Doch ein 6. Rang im letzten Lauf, was mein bisher bestes Resultat im Sprint ist, bestätigte meine Entwicklung in diesem Bereich. Der abschliessende 5000m-Lauf, 12.5 Runden auf der Bahn, stellte sich als grosser Erfolg heraus. Meine Motivation für eine schnelle Zeit war riesig. Mit 15:30min erreichte ich ein langfristiges Ziel und unterbot meine Bestzeit um 22 Sekunden. Zur Selektion reichte es trotzdem nicht, womit mein Fokus auf den Wald wechselte. Aus Sicht des Studiums ergab sich so wertvolle Zeit, die Bachelorarbeit abzugeben.

Im Juni, nach Abschluss vom Studium, standen in Finnland und Estland die Vorbereitung auf die Europameisterschaften an. Dank meinem privaten Trainingslager im Herbst 2021 fühlte ich mich sehr schnell wohl. Das Gelände war geprägt von dichter Vegetation und flachem Relief. Technisch wie auch physisch wurden wir Athleten herausgefordert, was mir gefiel.

Anfangs Juli fanden die Selektionswettkämpfe für die EM statt. Die Mitteldistanz war mit dem 8. Rang eine kleine Enttäuschung, umso stolzer machte mich der 3. Rang über die Langdistanz am nächsten Tag. Mein mentaler Wille, an meine Grenzen zu gehen, zusammen mit einer technisch soliden Leistung brachten mir die Selektion für das komplette Paket an der EM! Im Vorbereitungstrainingslager kurz vor der EM waren meine physischen, technischen wie auch mentalen Voraussetzungen sehr gut und die Motivation für die Wettkämpfe gross. Kurz darauf folgte meine erste Pechsträhne der Saison. Über die Hälfte des Teams, inklusive mir, haben eine Magen-Darm-Grippe erwischt. Ich versuchte mein Glück trotzdem, da es doch eigentlich mein Saisonhöhepunkt war. Die Quali für den Mitteldistanz-Final schaffte ich nicht. Mein Körper war noch zu geschwächt, um Höchstleistungen zu erbringen. An der Langdistanz am nächsten Tag startete ich mit einem besseren Gefühl. Doch meine Energie verschwand je länger das Rennen andauerte. Schlussendlich musste ich verfrüht den Wettkampf aufgeben. Im Rückblick war dies die einzig vernünftige Entscheidung, auch wenn mir der Entschluss dazu enorm schwergefallen war. Der abschliessende Staffelwettkampf begann für unser Team bereits etwas schlecht. So zerstörten meine gesundheitlichen Probleme die Teamleistung nicht, auch wenn mir ein technisch guter Lauf gelang. Dies ist definitiv eine EM zum Vergessen.

Mit neuem Elan und vor allem neuer Energie lief ich die Selektionswettkämpfe für das Weltcupfinale in Davos. Zwei Wochen zuvor gelang mir an einem World-Ranking-Event mit vielen internationalen Läufern ein gutes Resultat, ich war also wieder zurück auf meinem gewohnten Level. Der erste Lauf, die Mitteldistanz, wurde leider zu einem kleinen Alptraum. Einige Fehler und ein riesiges Dornenfeld, welches auf meiner Route nicht auf der Karte eingezeichnet war, führten zu einem 17. Rang. So musste ich an der Langdistanz-Schweizermeisterschaften liefern, was mir gelang! Physisch holte ich all meine Reserven heraus. Dank einem technisch sauberen Lauf erreichte ich mit einem 4. Rang mein bestes Resultat an einer Schweizermeisterschaft. Dies wurde mit einem Langdistanz- und Staffel-Einsatz am Weltcup belohnt.

Mein Saisonende lief einmal mehr nicht wie geplant. Mit einer Covid-Infektion zwei Tage vor dem Weltcup holte mich einmal mehr das Pech ein. Noch heute fällt es mir schwer, darüber nachzudenken, auch wenn der erneute Ausfall nicht in meiner Macht lag. Zusammenfassend stand meine Saison unter einem schlechten Stern. Mit den krankheitsbedingten Ausfällen an der EM und am Weltcupfinale konnte ich an keinem internationalen Wettkampf meine Leistungen zeigen, was sehr bitter ist. Solche Rückschläge gehören zum Sport und es wird mich vielleicht auch auf eine Art und Weise weiterbringen.

Trotzdem möchte ich die vielen positiven Aspekte der Saison hervorheben. Mit meiner physischen Entwicklung, welche mit der klaren 5km-PB sichtbar wurde, wurde ich deutlich kompetitiver. Der 3. und 4. Rang bei den zwei wichtigsten Langdistanzen der nationalen Saison bestätigten dies.

Nächstes Jahr steht ein langersehntes Ziel auf dem Plan. Im Juli finden die Weltmeisterschaften in Flims statt. Bereits seit dem Umzug fürs Studium nach Chur im Jahr 2018 träume ich von dieser Teilnahme. Ich werde mich so gut wie möglich vorbereiten, um dort an der Startlinie zu stehen.

 

An dieser Stelle möchte ich mich meinem Umfeld für die grossartige Unterstützung bedanken. Dazu gehören unter anderem meine Familie, Livia, meine Trainer und Anders Holmberg, dem medizinischen Staff mit Zaschi, Johanna und Harry, meinem Sportpsychologen Philippe, meinem Chef René und vielen mehr! Auch ein grosser Dank an die OLV Baselland, den dazugehörenden Gönnerclub und meinen schwedischen Verein Järla.

Zudem möchte ich ein grosses Dankeschön an meine Sponsoren, die Fachhochschule Graubünden, sowie die Rennbahnklinik, für die langjährige Zusammenarbeit und Unterstützung aussprechen!

Fotos: Orienteering Focus, Chamuel Zbinden, Team Denmark, Coni Meili, Benjamin Müller & Philipp von Arx

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aus Münchenstein, BL

im B-Kader von Swiss Orienteering

26 Jahre alt



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Bilder von: William Hollowell, Orienteering Focus,  Red Bull, EON Orienteering, Christian Aebersold, Anderes Format und weiteren.